Izabella starrte noch immer zur Tür, rasch huschte die Welt an ihren Augen vorbei. Plötzlich packte sie eine große Hand von hinten an die Schulter. Sie schrie auf, fuhr herum und wollte gerade ihre Hand erheben, da bemerkte sie, dass es Thomas war.
Erleichtert sank sie in seine Arme. Er drückte sie sanft und sagte mit einem warmen Unterton in seiner Stimme: "Entschuldige, ich wollte dich nicht so erschrecken, ich habe mir nur Sorgen um dich gemacht. Du zitterst ja am ganzen Körper!"
Ihr Körper war heiß und feucht, ein Schauer nach dem anderen lief ihr den Rücken hinab und verlor sich auf ihrer Haut. Ihre Brustwarzen zeichneten sich markant unter dem dünnen rosa T-Shirt ab. Thomas wurde verlegen und wich ein wenig von ihr ab. "Komm lass uns zurück zum Abteil gehen, die anderen denken schlimmes von uns". Darüber musste Izabella leise lachen. Sanft nahm er ihre Hand und ging voraus. Was für ein Mann, dachte sie und fühlte sich sogleich geborgen. Thomas war ein Mann der Tat - er wusste was er wollte. Nicht so wie Markus - dem war die Haarfarbe einer Frau wichtiger als die Berührung ihrer Seele.
Im Abteil knisterte die Luft vor Spannung, ein Funke hätte genügt, um die geballte Energie im Raum zum Explodieren zu bringen. Was war in ihrer Abwesenheit geschehen?
Berthold sah zum Fenster hinaus; Klara, die ihm gegenüber saß, wirkte angespannt. Ihre Haarpracht glich einem Vogelnest aus Afrika, ein rosa Etwas klebte um ihren Mund und ihre Wimperntusche verlieh ihren Augen eine markante Gothikfärbung.
Alles an ihr schien anders zu sein. Klaras Bluse entblößte ihren BH und der Rock war zerrissen.
Ludwig stand im Abteil mit dem Rücken zum Fenster und murmelte unklar vor sich hin. Als er die beiden kommen sah, leuchteten seine Augen vor Wut. "Na endlich", sagte Ludwig, als ob er sie schon sehnsüchtig erwartet hätte. "Sie können sich ja gar nicht vorstellen, was hier eben passiert ist" schrie er vor Erregung. Izabella und Thomas drängten sich an ihm vorbei auf ihre Plätze. "Dieser Typ dort hat meine Frau belästigt", schrie Ludwig vor Empörung und schüttelte Thomas Arm. "Schau nicht so gelangweilt zum Fenster raus, sonst gibst gleich welche, Freundchen". Ludwig fühlte sich stark.
Thomas versuchte, ihn zu beruhigen und sagte ihm, er sollte sich erst einmal setzten. Doch Ludwig hüpfte noch ein wenig auf den Beinen hin und her, bevor er sich sackartig in den Sitz fallen ließ. Jetzt schien alles Leben aus ihm gewichen zu sein und sein Gesicht erschlaffte. Er holte tief Luft und begann zu erzählen.
"Vorhin bin ich schnell mal ausgetreten. Dann gab es ja diesen schrecklichen Ruck. Ich sitze immer beim Pinkeln, sonst wäre ich bestimmt ins Klo gefallen. Na ja, noch mal gut weggekommen". Izabella´s und Thomas Augen trafen sich und ein Zwinkern huschte aus ihren Augenwinkeln.
"Es dauerte dennoch ein wenig", fuhr Ludwig fort, "bis ich mich wieder gesammelt hatte, und ich ging dann zum Abteil". Seine Stimme erhob sich von neuem: "Da lag doch der Typ auf meiner Frau."
"Moment mal" rief Berthold beleidigt. Plötzlich sprang Ludwig auf so flink wie ein Boxer und verpasste Berthold eins auf die Nase. Perplex starrte Berthold ihn an, damit hat er nicht gerechnet. Klara und Izabella schrien gleichzeitig auf und das Chaos war perfekt.
Thomas zerrte Ludwig zurück auf seinen Platz und stellte sich breitbeinig zwischen die Männer. "Nun mal von vorne", Thomas Stimme war ruhig und tief. "Es handelt sich bestimmt um ein Missverständnis. Jetzt möchten ich erstmal alles von Klara hören, wie es sich aus ihrer Sicht zugetragen hat".
Klara war den Tränen nahe. Sie stand auf, versuchte ihre Kleidung und ihre Haare zu glätten, doch es war zwecklos. "Also...", sie seufzte. "Wir saßen ganz friedlich gegenüber und Herr Berthold zeigte mir seine Uhr - sie hat einen Mondkalender Da ich aber meine Lesbrille Ludwig gegeben habe, beugte ich mich vor zu ihm, um besser das Zifferblatt betrachten zu können. Berthold meinte noch, dass sie wunderschöne tickt, gerade wollte ich mein Ohr an die Uhr legen,als dieser fürchterliche Ruck durch den Zug ging. Plötzlich lagen wir beiden auf dem Boden und Berthold lag auf mir. Seine Uhr war in meinen Haaren verheddert, ich spürte seinen Atem auf meiner Haut und mir wurde ganz heiß. Wir versuchten uns zu lösen, doch die Uhr war so in meinen Haaren verschlungen, das ich jedes Mal aufschrie, als er sich bewegte. Sein Schweiß tropfte mir auf meinen Hals, unfähig ihn weg zu wischen, drehten wir uns langsam um, so dass ich auf ihm lag und er seine rechte Hand zur Hilfe nehmen konnte, um uns zu befreien. Endlich konnte ich mich von ihm lösen. Unerwartet öffnete sich die Abteiltür und Ludwig stand wie angewurzelt da. Hastig erhob ich mich, doch Ludwig schrie Berthold schon an."
Jetzt musste Klara wieder seufzen. "Ludwig so glaub mir doch", klagte Klara und drehte sich zum Fenster, um sich die Nase zu putzen.
"Ich glaube Ihnen", antwortet Izabella und reichte ihr noch ein Taschentuch.
Ludwig wollte gerade loslegen, als Thomas dazwischen rief: "So beruhigen sie sich doch endlich. Es ist doch nur ein kleiner Unfall geschehen und alle sind wohlauf."
Plötzlich ging mit einem Ruck die Abteiltür auf und eine junge hübsche Blondine rief: "Möchten Sie einen Kaffee?"
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